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Im Gebiet der Schweiz, in dem der (Hoch-)Adel ausgestorben oder weggezogen war, wurde die Genealogie ab dem 16. Jahrhundert Sache der neuen städtischen und ländlichen Oberschichten, zu denen zunehmend auch Familien bürgerlich-handwerklicher und bäuerlicher Herkunft gehörten.
Als sich im 19. Jahrhundert die Geschichte als selbstständige Wissenschaft zu etablieren begann, zog sie neben anderen Hilfswissenschaften wie der Heraldik auch die Genealogie bei. Genealogische Fragestellungen wurden vor allem von Mediävisten untersucht, welche die gängigen Quellenkategorien – Urkunden, Nekrologien, Annalen, Chroniken – entsprechend den Regeln der historisch-kritischen Methode auswerteten. Dabei entwickelten sie weitergehende Richtlinien für die Darstellung von Verwandtschafts- und Abstammungsverhältnissen in Grafiken (Kennzeichnung sicherer und unsicherer Abfolgen, von Bastarden und kognatischer Verwandtschaft usw.) und den erläuternden Textteil (Titel, Etappen der Laufbahn, Herrschaftsbesitz usw.), der notwendig war, um die Stammtafel übersichlich zu halten. Zum Standard wurden auch die Quellenangabe und die wortgetreue Wiedergabe der Quellentexte.
Zur wissenschaftlichen Arbeitsweise gehören heute die möglichst breite Quellenbasis, die genaue genealogische Identifikation durch Ausnützung sämtlicher Angaben (auf dem Land zum Beispiel familiäre Übernamen und Hofnamen) und der Verzicht auf unzulässige Spekulationen bei lückenhaften oder fehlenden Angaben. Zu den genealogischen Quellen zählen Kirchenbücher, die ab dem 16. oder 17. Jahrhundert verfasst wurden, und später die Zivilstandsregister. Solche führten zuerst nur einzelne Kantone (z.B. Waadt 1821, Bern ab 1823-1825, Luzern ab 1833-1834), bis das Zivilstandswesen 1876 für die gesamte Schweiz vereinheitlicht wurde. Beigezogen werden Urkunden (ab dem 15. Jahrhundert), Bücher (städtische Rats- bzw. Gemeindeprotokolle, Dorfchroniken), Akten (z.B. Testamente, Nachlassinventare, Gülten, Konkurs-, Hofteilungs- und Gerichtsakten), Register (Haushalts-, Populationsregister, Steuerlisten) und Bildmaterial (Fotos) aus den kommunalen Archiven. |
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